Eigentlich sollte das ein Lied werden:
Du ziehst einen Zaun um das kleine Fleckchen Erde auf dem Hügel, den Du mit viel Ausdauer und harter Arbeit erklommen hast. Hier willst Du endlich angekommen sein. Lieb gewonnene Menschen und Dinge musstest Du schweren Herzens zurücklassen, um hierher zu gelangen. Es war kein leichter Weg. Hier willst Du endlich sesshaft werden und Wurzeln schlagen. Du richtest Dich ein, baust Dir ein Nest, das Dich beschützen soll und für Dich da ist. Ein Ort, der jedem sagt wer Du bist. Und Du wirst zum Meister dieses Ortes, dieses Hauses, zum Hausmeister. Dieses Haus kann ein Ort sein, oder ein Gedanke, ein Gefühl oder eine Überzeugung. Hier bist Du König. Du hast Dir einen königlichen Ort geschaffen, doch Du spürst, Du bist dort auch ein Gefangener.
Du bist der Baumeister Deiner eigenen Falle. Auf der Suche nach Beständigkeit bindest und verankerst Du Dich in deiner heilen Welt. Mehr und mehr bist Du damit beschäftigt, die Taue und Anker, die Dich bewegungslos machen, noch fester zu ziehen, sodass Du nicht erkennst, dass es kein Hügel ist, den Du Dir erobert hast, sondern nur die Stufe einer Treppe. Eine Treppe, die Dich zur Vollkommenheit führen kann.
Doch was ist diese Vollkommenheit? Ist sie ein Ort fern von Dir, eine Stufe weit weit oben auf der Treppe oder an deren Ende? Wirst Du sie jemals erreichen können? Wie kannst Du es lernen, zu verstehen, dass die Vollkommenheit die Du suchst Du selbst bist? Du selbst, nicht das Du, das Du siehst, wenn Du in die zahllosen Spiegel der Welt schaust. Du bist das was sieht, das was jeden Spiegel sein lässt, das was die Stufen erschafft auf denen Dein “kleines Ich” sich bewegt und sanft oder energisch von Stufe zu Stufe treibt, das was sich als die Schönheit in allen Dingen spiegelt, die Du in der Welt siehst und die Du versuchst, an dein “kleines Ich” festzubinden.
Welches Ich ist gemeint? Haben wir mehrere Ichs? Wenn ich Du sage, meine ich mal das eine, mal das andere Du. Das veränderliche Du als Person und das unveränderliche Du, das die Existenz Deiner und meiner Person erst ermöglicht. Und es gibt unzählige weitere Ichs. Immer, wenn Du Dich mit einem Gedanken oder Gefühl identifizierst, wirst Du zu diesem Gedanken und kämpfst für ihn, als ginge es um Dein Leben. Doch Du bist vor allen anderen Ichs das eine Selbst hinter allen Ichs.
Die Treppe auf der Du (als Person) läufst, führt Dich zum Erkennen der Vollkommenheit Deines wahren, primären, andauernden Ichs, ohne Dich irgendwo hinzubringen, Du bist bereits die Vollkommenheit.
Wenn es still im Außen wird, hörst Du ein Rufen und Klagen in Deiner Person. Rastlosigkeit, Gier nach Neuem, Erlösenden. Wie ein Kind läufst Du durch den unerschöpflichen Spielzeugladen des Lebens, begeisterst Dich für das Eine, stürmst auf das Andere los. Und während das Kind seine gesamte Aufmerksamkeit ausschließlich auf das gegenwärtige Spielzeug richtet, den Turm, den es gerade eben noch mit viel Mühe und Liebe aufgebaut hat lachend wieder einreist und auf das nächste Spielzeug losstürmt, versuchst Du jedes Spielzeug bei Dir zu behalten und an Dich zu binden. Wie ein Kind verlierst auch Du das Interesse an den Sachen, sobald Du sie hast. Aber Du wirfst sie nicht achtlos in die Ecke, sondern bindest sie fein säuberlich mit festen Stricken an Dich. Du wirst sie nicht mehr los und ziehst sie hinter Dir her. Und die Last wird immer schwerer, weil Du immer neue Dinge an Dich bindest, Dinge, die immer größer und schwerer werden. Du glaubst, sie zu brauchen. Manchmal wird die Last so schwer, dass Du nur weiter kommst, wenn Du einigen Ballast losschneidst. Du willst weiterkommen, nur um neuen, anderen Ballast zu erreichen, der Dich wieder zum Stoppen bringen wird.
So baust Du an Deinem Konstrukt aus Tauen und Ankern auf Deinem Hügel, bis Du nur noch Taue siehst und Dich befreien musst. Manchmal durchtrennst Du mit einem mächtigen Hieb sämtliche Taue und kletterst höher, um dann auf die Stufe unter Dirmit all den zurückgelassenen Ankern, Tauen und Spielsachen zu schauen. Jetzt fühlst Du Dich frei und hast einen freien Blick, auf einen neuen Hügel, den Du sofort beginnst, mit neuen Spielsachen, Ankern und Tauen zu verzieren, neue Taue, neue Verpflichtungen. Das ist mein Platz, Ich habe ihn erklommen. Das Spiel beginnt von vorn. Was Du findest, willst Du behalten. Wie viele Stufen musst Du erklimmen, bevor Du erkennst, dass Du nichts jemals behalten und nichts jemals verlieren kannst?
Und wenn Du glaubst, Du kannst Dich an etwas auf dieser Treppe krallen, etwas festhalten, dann hast Du recht, aber es ist keine Sache, kein Mensch und kein Gefühl. Du kannst nicht verhindern, dass die Sonne aufgeht und dass sie untergeht. Dass jeder Moment neu erlebt das Echo des vorangegangenen Momentes ist. Du läufst und läuft, bis Du erkennst, dass Du Dich keinen Zentimeter bewegst, dass Du Dich kein bisschen veränderst obwohl Du permanent Veränderung und Bewegung siehst. Du selbst hast Dich niemals verändert noch wirst Du Dich jemals verändern.
Also lauf, lauf, entdecke was die Welt zu bieten hat, versuche doch, sie anzuhalten, und lerne, was wirklich Bestand hat. Die Welt ist Dein Lehrer, doch musst Du auch hinsehen. Lauf, Lauf, es ist nichts schlimm daran, einen Schritt nach dem anderen zu tun. Alle Dinge wirst Du immer wieder hinter Dir lassen müssen, auf dem Weg von Stufe zu Stufe. Du glaubst Du verlierst Dich, doch Du kannst Dich niemals verlieren. Du glaubst Du verirrst Dich, aber Du bist der Weg, Du glaubst Du würdest allein sein, das ist wahr, denn Du bist alles was ist. Alles was du in der unerschöpflichen Vielfalt der Welt entdecken kannst spiegelt nur das Eine, Dich selbst. Wie viele Stufen musst Du erklimmen bevor Du das erkennst?
Es hat einen Grund, warum Du Dich so sehr nach Beständigkeit sehnst. Du bist Beständigkeit. Du bist unveränderlich. Aber Du suchst am falschen Ort, Du suchst auf den Stufen, aber es sind nicht die Dinge, welche beständig sind, sondern es ist dein Zeugnis über die Vergänglichkeit der Dinge.
Also Lauf, Lauf, bist Du erkennst, dass Du in einem Traum wandelst, der in Dir ist, der Dich vergessen lässt, wer Du wirklich bist. Und wenn Du weißt, dass Du träumst, genieße den Traum, und tu das, was richtig ist. Es gibt Regeln in dieser Welt, die Dir ein Paradies sein kann, wenn Du nicht ohne Unterlass Deine immer hungrigen Vampirzähne in sie hineinschlägst und versuchst heraussaugen was Du nur bekommen kannst. Wie könntest Du aus Dir selbst etwas herausnehmen? Sei der Pfleger der Welt, ihr Architekt, ihr Gärtner, ihre Wohltat. Es ist Dein Traum.
Wenn Du heute ein schönes Echo erfahren möchtest, musst Du gestern die positive Ursache dafür gewesen sein. Heute ist das Gestern von morgen. Du bist der Traum, Du bist der Träumer, Du bist der Tänzer, Du bist der Liebende, Du bist der Sohn, Du bist die Mutter, Du bist der Diener, Du bist der König. Du bist alles was Du sein willst in diesem Traum, und Du bist unendlich viel mehr. Du bist ungeboren, unbegrenzt, unsterblich, alles verursachend, alles beinhaltend, vollkommen, einfach und wunderschön und unbeschreibbar. Du bist nicht direkt zu sehen, aber ohne Dich wäre nichts zu sehen. Wie das Licht, das selbst nicht gesehen wird, sondern nur, wenn es Objekte erhellt. Du bist wie Licht, Du bist Bewusstseins. Du bist Bewusst und Du bist Sein, Existenz und Erfahrung, welche dieser Traum ermöglicht der aus Dir hervorgeht.
Lauf, Lauf, bis Du nicht mehr läufst, um glücklich zu werden, sondern weil Du glücklich bist.
Vielleicht wird das noch ein Lied, die Melodie hab ich schon.